Angststörung – Was dir hier wirklich hilft!
Gerade eben ging es Dir noch gut. Aber wie ein Blitz aus heiterem Himmel trifft es Dich. Du bekommst
kaum noch Luft. Alles kommt Dir unwirklich vor. Dein Herz schlägt wie wild. Dir wird schwindelig
und Du schwitzt wie verrückt. Du denkst, dass Du sterben musst, und möchtest nur noch eins: Weg.
Nur raus hier! Diesen Zustand haben sehr viele Menschen. Aber nur die Mutigen geben es zu: Dass sie
an Angststörung „leiden“.
Wo kommt die Angststörung her?
Eigentlich sind Angststörungen eine gute Sache. Sie sind seit Urzeiten in jedem Menschen verankert,
genauso wie Durst und Hunger. Als die Menschen noch in Höhlen lebten, lauerten überall Kreaturen,
die sie gerne gefressen hätten. Damals war diese Angststörung überlebenswichtig.
Man war nur auf diese Angst konzentriert und der Körper schüttete jede Menge Stresshormone (Adrenalin,
Noradrenalin, Cortisol) aus. Durch das Herzrasen wurden alle Organe bestens durchblutet, und durch
die Kurzatmigkeit nahm man mehr Sauerstoff auf. Sauerstoff, den die Muskeln brauchten, um fliehen zu
können. Denn damals war der Mensch nicht die Krone der Schöpfung, sondern nur eine leichte Beute.
Die einzige Chance war zu fliehen, und zwar so schnell wie möglich.
Wieso bekommt man überhaupt eine Angststörung?
Angststörung stecken in jedem Menschen. Ein Überbleibsel unserer Vorfahren. Angst hat jeder
Mensch! Aber manche von uns sind sensibler als andere. Es ist wie mit Kraft. Manche haben mehr
Kraft, andere sind eher schwächer. Oder wie mit Liebe. Manche verlieben sich im Minuten Takt,
andere nie. Ob Du nun leichter dazu neigst eine Angststörung zu haben, als andere sagt aber nichts
über Dich als Menschen aus. Es ist einfach so. Angst zu haben ist auch heutzutage noch gut, denn es
rettet Dir Dein Leben. Bist Du schon einmal vom 1 m Brett gesprungen? Lustig, oder? Auch schon mal
vom „Dreier“? Wenn Du da blöd aufkommst, ist ganz schön schmerzlich.
Schon vom „Zehner“gesprungen? Du weißt, worauf ich hinaus will! Vom 1 m Brett zu springen traut sich wahrscheinlich
fast jeder. Aber wenn Du zum ersten Mal auf dem Zehner stehst, hast Du Angst. Du klammerst Dich an
das Geländer und möchtest am liebsten wieder rückwärts runter steigen. Warum?
Ganz einfach: Weil Dein Körper schlau ist! Er weiß genau, dass der Sprung nicht ungefährlich ist und „macht“ Dir
Angst. Weil er nicht will, dass Du diesen nutzlosen Leichtsinn machst. Und trotzdem gibt es
Menschen, die von Klippen springen, die bis zu 76 Meter hoch sind. Sei also froh, dass Du Angst
hast, sonst würdest Du vielleicht auch noch S-Bahn-Surfen.
Wieso hat man eine Angststörung in bestimmten Situationen?
Angststörung in bestimmten Situationen, oder vor bestimmten Dingen werden Phobien genannt. Wenn Du
unter einer der unzähligen Arten von Phobien leidest, nennt man den Angstzustand Panikattacke. Die
Panik, also die Angst, attackiert Dich urplötzlich. Du hast wahrscheinlich eine Panikattacke, wenn
Deine Angst plötzlich auftaucht, Du körperliche Beschwerden hast, und Du nicht in der Lage bist
diese Angststörung selbst zu bewältigen. Bevor Du aber jetzt schon an irgendwelche Behandlungen
denkst, musst Du Dich dringend von einem Arzt untersuchen lassen. Es kann nämlich auch sein, dass
Deine körperlichen Beschwerden einen medizinischen Hintergrund haben. Erst wenn Du mit Deinem Arzt
abgeklärt hast, dass Du körperlich keinen Schaden hast, kannst Du mit großer Wahrscheinlichkeit
davon ausgehen, dass Du an einer Phobie leidest.
Arten von Angststörungen:
Es gibt vielerlei Phobien, zum Beispiel vor Tieren
(z. B. Spinnen, Schlangen, Hunde) oder vor Situationen (z. B. Flugangst, Restaurants, Fahrstuhl
etc.). Die häufigsten Phobien sind: Agoraphobie (Angst vor Menschenmengen und öffentlichen
Plätzen), soziale Phobie (Angst vor sozialen Situationen), Arachnophobie (Angst vor Spinnen),
Flugangst, Platzangst, Höhenangst, Angst vor Tunnels, Angst in Aufzügen, Angst vor der Dunkelheit,
Gewitter usw.
Angststörung – wer kann mir helfen?
Manche kommen tatsächlich von alleine aus der Zwickmühle eine Angststörung. Dazu unten mehr. Am
besten jedoch, man begibt sich gleich in die kompetenten Hände eines Psychotherapeuten. Warum? Die
Psychoanalyse sagt, dass eine Phobie die Abwehr eines inneren Konfliktes ist, die auf ein bestimmtes
Objekt gerichtet wird. Soll heißen: Es kann sein, dass Du Angst vor engen Räumen hast, aber in
Wirklichkeit vor etwas ganz anderem. Da kann Dir nur ein erfahrener Psychotherapeut weiter helfen.
Übrigens: Keine Angst!
Wenn Du zum Psychologen gehst, heißt das nicht, dass Du irre bist. Im
Gegenteil, Du wärst dämlich nicht die Hilfe anzunehmen, die Dir die Angst nehmen kann. Ohne Hilfe
kann es auch sein, dass sich Deine Angst verfestigt.
Nehmen wir an, Du hast Angst vor Menschenmengen. Deine Panikattacken kommen immer öfter. Daraufhin vermeidest Du es dorthin zu
gehen, wo größere Menschenmengen sind. Du ziehst Dich immer mehr zurück. Bis Du irgendwann gar
nicht mehr aus dem Haus kommst. Sehr wahrscheinlich ist dann auch, dass noch eine weitere Angststörung
hinzukommt. Angst vor Aufzügen oder Angst vorm Fliegen, denn da sind auch jede Menge Menschen.
Schließlich schleppst Du so ein Riesenpaket an Ängsten mit Dir herum, dass Du auch noch depressiv
wirst. Also, tue Dir einen Gefallen und gehe zum Psychotherapeuten. Der hat das studiert und weiß
am besten, wie man Dir helfen kann.
Wie wird die Angststörung behandelt?
Zuerst schilderst Du Deine ganzen Symptome Deinem Psychotherapeuten. Daraufhin stellt der
Psychotherapeut eine erste Verdachtsdiagnose und arbeitet ein für Dich passendes
Behandlungsverfahren aus. Das wird wahrscheinlich eine Verhaltenstherapie oder ein
tiefenpsychologische Verfahren sein. Daneben wird er Dir Medikamente verordnen, Einzelgespräche und
Gruppengespräche.
Schließlich werden mit Dir Entspannungstechniken geübt.
Bei der Verhaltenstherapie wird eine Angstkontrolle angestrebt. Dazu wird der Psychotherapeut Dich
Deinen angstbesetzten Situationen aussetzen und die Reizkonfrontation stufenweise steigern. Er wird
Dich in Deine angstauslösende Situation führen, die Du so lange aushalten musst, bis Du Dich daran
gewöhnst und lernst, dass die von Dir befürchteten schlimmen Folgen ausbleiben.
Für die medikamentöse Behandlung wird er Dir angstlösende Tabletten (Benzodiazepine) verschreiben
und die Dosis auf Dich abstimmen.
Bei den Einzelgesprächen wird der Psychotherapeut versuchen den Ursprung Deiner Ängste zu finden.
Denn Deine Angststörung existiert nur wegen einem unbewussten Konflikt in Dir. Wenn dieser
Konflikt gefunden wird, kann der Psychotherapeut an einer Wiederherstellung Deiner ursprünglichen
Emotionen arbeiten, überflüssig machen und wieder zum Verschwinden bringen.
In den Gruppengesprächen lernst Du andere Betroffene kennen. Das vermittelt Dir das Gefühl, nicht
allein zu sein mit Deinem Problem. Mit diesen Menschen kannst Du offen über Deine Angststörung
sprechen. Hier werden Deine Gefühle nicht belächelt und Du wirst nicht verspottet, denn diese
Menschen verstehen Dich.
Angststörung und Entspannungstechniken
Letztendlich wirst Du ein oder mehrere Entspannungsverfahren kennenlernen. Deine Angststörung, die
von körperlichen Symptomen begleitet werden, verursachen bei Dir Verspannungen, die aufgelöst
werden müssen. Dabei helfen Dir: „Autogenes Training“, „Progressive Muskelentspannung nach
Jacobson“ und „Biofeedback-Methode“. Autogenes Training und die progressive Muskelentspannung nach
Jacobson, kannst Du allein und ohne Hilfsmittel ausüben. Bei den Biofeedback-Methoden brauchst Du
einen Fachmann. Denn hier werden Deine Herz- und Atemfrequenz gemessen und mit einem
Computerprogramm gekoppelt. Du sitzt dann auf einem Stuhl und schaust auf ein Bild in einem vor Dir
stehenden Computer.
Das kann eine hässliche „Mondlandschaft“ sein, mit vielen Felsen und Steinen.
Dein Ziel ist es, diese wirklich unschöne Landschaft in etwas Schönes zu verwandeln. Das schaffst
Du aber nur, wenn Du ganz ruhig wirst. Ganz ruhig! Je ruhiger Du wirst, desto mehr füllt sich die
hässliche Landschaft mit blauem Wasser und die Sonne kommt hervor. Dann siehst Du nur noch ein
herrliches Meer mit strahlender Sonne. Aber sobald Du wieder etwas unruhiger wirst, wird die Sonne
weniger strahlen, das Meer verschwinden und die widerlichen Felsen aus dem Wasser ragen. So wirst Du
es lernen alleine, nur auf Dich konzentriert, zu entspannen. Du merkst schon: Anspannung ist gleich
hässliche „Mondlandschaft“ und Entspannung ist ein Meer mit strahlender Sonne.
Jetzt mit dieser Entspannungstechnik deine Angst bekämpfen!
Angststörung – wie kann ich mir selbst helfen?
Bei den kleinen Dingen musst Du selber tätig werden. Es ist wie beim Autofahren. Hast Du kein
Benzin im Tank, fährt das Auto nicht und Du musst tanken. Ist die Autobatterie leer, springt das
Auto nicht an, Du musst die Batterie laden. Aber wenn der Motor kaputt ist, gehst Du in eine
Autowerkstatt, weil dort Menschen sind, die gelernt haben, wie man ein Auto repariert. Genauso
verhält sich das mit Deiner Angststörung. Gehe unbedingt zu einem Facharzt und lass Dir helfen.
Tanken und Laden kannst Du selber. Lebe gesund!
Nicht übermäßig viel rauchen. Besser noch gar nicht rauchen. Nicht übermäßig viel Alkohol trinken. Besser noch gar keinen Alkohol trinken.
Keine Drogen! Gesund essen. Viel Obst und Gemüse. Bewege Dich! Treibe jeden Tag mindestens eine
halbe Stunde Sport und wenn es nur ein zügiges Spazierengehen ist. Sport schüttet Glückshormone
aus und die brauchst Du.
Erlerne autogenes Training und die progressive Muskelentspannung nach Jacobson. In den
Volkshochschulen werden solche Kurse angeboten oder Du kaufst Dir CDs und übst das alleine zuhause.
Schon nach wenigen Malen wirst Du eine unglaubliche Beschwingtheit erleben.
Und arbeite mit Deiner Angststörung! Spätestens wenn Du zum vierten oder fünften Mal eine
Panikattacke hattest, weißt Du, dass Dir nichts passieren wird. Rein gar nichts! Du wirst wieder
kaum noch Luft bekommen. Dein Herz wird abermals wie wild schlagen.
Dir wird wieder schwindelig. Du wirst wieder wie ein Wasserwerfer schwitzen und das Gefühl haben sterben zu müssen. Aber Du weißt
auch, dass all das vorübergeht und Du nicht sterben musst. Also halte es einfach aus! Begrüße
Deine nächste Panikattacke. „Hallo da bist du ja wieder.
Warst schon lange nicht mehr da- Was ist
denn los? Ich habe aber heute nicht viel Zeit für dich. Aber fünf Minuten gebe ich dir. Tobe dich
ruhig aus…“. Dann lehne Dich zurück und beobachte was mit Dir passiert. Die Angststörung
gehört zu Dir, also akzeptiere sie einfach und wehre Dich nicht gegen sie. Behandle sie wie einen
Freund, für den Du mal was Unangenehmes (zum Beispiel beim Umzug helfen) erledigen musst.
Und sei Dir bewusst, dass Du nicht um Dein Leben fürchten musst. Denke an den griechischen Philosophen
Epikur: „Der Tod geht mich eigentlich nichts an. Denn wenn er da ist, bin ich nicht mehr da, und
solange ich bin, ist er nicht da.“
Raus aus der Angst und rein ins Leben!